Stellungnahme zum Haushalt 2022

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, verehrte Kolleginnen und Kollegen,

auch von unserer Seite steht heute zuallererst der Dank an die Kämmerei und an den Kämmerer, der 15 Jahre lang das dicke Zahlenwerk Haushalt zu verant-worten hatte.

Lieber Bernhard, das waren keine einfachen 15 Jahre mit dir, in denen ich viel über den kommunalen Haushalt gelernt habe, aber du hast nie einen Zweifel daran aufkommen lassen, dass es dir immer um die besten Ergebnisse für die Stadt Paderborn ging. Dafür - auch im Namen meiner Fraktion - meinen herzlichen Dank. Auch wenn wir in vielen Fragen unterschiedliche Auffassungen haben, habe ich doch feststellen können, dass meine grundsätzliche Kritik am NKF und dem Finanzgebahren beim STEB bei dir nicht ohne Spuren geblieben sind. Das müssen wir künftig bei anderen Gelegenheiten weiter diskutieren.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen,

die Pandemie und die Krise haben tiefe Löcher in die öffentlichen Haushalte gerissen. Nachdem sie durch Mindereinnahmen und Mehrausgaben für Sozialleistungen und Unternehmenshilfen im Jahr 2020 ein Defizit von 145 Mrd. Euro aufwiesen, werden es in 2021 voraussichtlich 174 Mrd. Euro sein. Das entspricht 4,9 Prozent der Wirtschaftsleistung, des Bruttoinlandsprodukts (BIP). 2022 dürften nach gegenwärtigen Schätzungen der Institute die Defizite dann noch etwa zwei Prozent und 2023 knapp ein Prozent des BIP zurückgehen. Die Antikrisenpolitik hat die Staatsverschuldung deutlich ansteigen lassen.

Gleichzeitig gibt es massive zusätzliche öffentliche Investitions- und Ausgaben-bedarfe, die das gewerkschaftsnahe IMK und das arbeitgebernahe IW in einer gemeinsamen Studie auf mindestens 45 Mrd. Euro pro Jahr über zehn Jahre beziffert haben. Wer das alles ohne eine umverteilende und gerechte Steuer-politik finanzieren will, hat nichts anderes vor, als die Krisenlasten auf breite Kreise der Bevölkerung abzuwälzen.

Und genau das passiert auch in Paderborn.

Paderborn steht vor gewaltigen Herausforderungen mit ebenso gewaltigem Investitionsbedarf. Allein der GMP benötigt bis 2035 320 Mio. Euro, um die CO² - Neutralität des städtischen Gebäudebestands zu erreichen. Die Umrüstung des Padersprinters, der Ausbau des ÖPPNV, die Umsetzung des Mobilitäts-konzepts, der Wohnungsbau und nicht zuletzt der Neubau der Stadtverwaltung erfordern Unsummen.

Das kann die Stadt natürlich nicht allein stemmen. Das bedarf einer starken Förderung von Land und Bund. So weit besteht Konsens. Aber schon bei der Verbesserung der eigenen Steuerkraft lässt die schwarz-grüne Koalition, lassen auch alle anderen Fraktionen, die Möglichkeiten auf der Strecke liegen.

Seit Jahren hinkt Paderborn der bundesweiten Entwicklung bei der Gewerbe-steuer hinterher, stagniert im Grunde, was auch vom Kämmerer im Interview unwidersprochen bleibt. Das hat auch entscheidend etwas mit den zu niedrigen Hebesätzen zu tun. Wir haben vorgeschlagen, den Hebesatz auf 435 Punkte anzuheben, dem fiktiven Hebesatz für kreisfreie Kommunen. Einnahmeverbesserung: 3,4 Mio Euro.

Mit hanebüchenen Argumenten ist unser Vorschlag abgelehnt worden. Vor allem den Untergang der kleinen Gewerbetreibenden beschrieb der grüne Fraktionsvorsitzende. Wenn an dem Argument auch nur ein Quäntchen dran ist, müssten in vergleichbaren Städten mit höheren Hebesätzen die angesprochene Zielgruppe komplett in Hartz IV gelandet sein. Das konnten unsere Recherchen aber nicht bestätigen.

Da ist es schon erstaunlich, dass - ohne mit der Wimper zu zucken - der Hebesatz bei der Grundsteuer B auf satte 479 Punkte angehoben wird. Das trifft alle, vor allem aber diejenigen, die heute schon nicht wissen, wie sie das Monatsende erreichen sollen. Es trifft vor allem diejenigen, die steigende Energiekosten und Mieten nicht mehr aufbringen können. Die wirtschaftlich Starken werden geschont, die Schwachen zusätzlich belastet. Das ist schwarz-grüne Haushalts- und Finanzpolitik. So will man offensichtlich die Krisenlasten verteilen.

Was kommt da noch auf uns zu?

Ohnehin ist es mehr als auffällig, dass bei diesen Haushaltsberatungen niemand über Haushaltskonsolidierung gesprochen hat. Fehlt es an der Vorstellungskraft, wie die finanziellen Herausforderungen der Zukunft zu schaffen sind? Wegducken, in der Hoffnung, dass es irgendwie schon klappen wird?

So muss es schon verwundern, dass es in diesem Jahr die Linke ist, die als einzige Fraktion einen signifikanten Vorschlag zur Haushaltsverbeserung gemacht hat. Mit dem Verzicht auf die Wiedereinlage der 2 Mio. Euro vom STEB insgesamt 5,4 Mio. Euro. Das ist schon ein hübsches Sümmchen. Mit den üblichen, zu erwartenden Haushaltsresten am Jahresende, brächte uns das schon ziemlich in die Nähe einer roten Null. Ich hätte nicht gedacht, dass ich hier noch mal in die Rolle eines Haushaltskonsolidierers gerate.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen,

Die Pandemie hat die Verwerfungen in unserer Gesellschaft offengelegt und verstärkt. Die Schere zwischen arm und reich ist weiter auseinandergegangen und wir befürchten, dass dieser Prozess durch politische Entscheidungen weiter vorangetrieben wird. Gerade deshalb machen wir uns für eine qualifizierte Sozialberichterstattung stark. Sie soll als Steuerungsinstrument Handlungs-bedarfe identifizieren und Handlungsempfehlungen geben. Unbestritten ist, dass diese Berichterstattung von der Sozialverwaltung nicht nebenbei zu leisten ist. Daher unsere Forderung nach einer zusätzlichen Personalstelle.

In der - vor allem von grüner Seite vorgetragenen - ablehnenden Argumentation sind zwei Aspekte deutlich geworden:

1. Kapitulation und Verzicht auf eine gestaltende Sozialpolitik auf der kommunalen Ebene wegen angeblicher Nichtzuständigkeit und

2. Nichtbeschäftigung mit dem Thema "Qualifizierte Sozialberichterstattung", stattdessen die Übernahme einer administrativen Sicht der Sozialverwaltung.

Den ersten Aspekt können wir nicht verändern, das ist eine Frage der politi-schen Haltung. Den zweiten werden wir weiter beharrlich verfolgen.

Vielen Dank.