Armut und Behinderung: Arbeiten für 1,35 Euro

Es gibt Menschen, die stehen dort, wo unser soziales Netz Löcher hat. Ulrich Hein, der seit 12 Jahren in der Caritas Werkstatt für Behinderte Menschen arbeitet, steht genau dort. Er arbeitet im Bereich Hauswirtschaft, teilt Essen und Getränke aus,   wischt und putzt im ganzen Werkstattbereich und bezieht auch die Betten im Ruheraum. Dafür verdient er 1,35 € die Stunde - ein Lohn, der für den Lebensunterhalt nicht reicht. Deshalb ist er auf staatliche Zahlungen angewiesen.

„Ich habe mich sehr gefreut, als ich im November 2021 einen einmaligen Betrag von 50 Euro als Bonus bekommen habe, sagt Hein. Die Freude darüber war allerdings schnell vorbei: mit dieser Sonderzahlung lag er über der Bemessungsgrenze des Arbeitsfördergeldes. „Trotz des Bonus´ hatte ich in diesem Monat keinen Euro mehr, sondern sogar 25,- Euro weniger in der Tasche. Der Bonus wurde zur Hälfte bei der Einkommensermittlung abgezogen. Für meine guten Leistungen wurde ich durch den Abzug praktisch bestraft“, ärgert sich Hein.

Dieses Vorgehen empört auch die linke Ratsfrau Elke Süsselbeck: „Obwohl Herr Hein in der Werkstatt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt vorbereitet und in einen regulären Job vermittelt werden soll, weiß er seit 12 Jahren, dass das nicht passieren wird. Er arbeitet für einen Lohn, der für den eigenen Lebensunterhalt nicht ausreicht und bei dem Sonderzahlungen voll angerechnet werden. Weder ein Betriebsrat noch das Streikrecht können etwas daran ändern, denn beides gibt es im Bereich der Behindertenwerkstätten nicht.“

Zwar hat Hein eine vergleichsweise preiswerte Wohnung, die steigenden Energiekosten bereiten ihm aber große Sorgen. „Ich bräuchte eigentlich eine Gleitsichtbrille. Die aber kostet ca. 400 - 500 Euro. Das kann ich mir nicht leisten“, sagt Hein.

„Die Arbeitsbedingungen von Herr Hein zeigen, dass Armut und Behinderung eng miteinander verknüpft sind und sich gegenseitig bedingen“, erklärt Süsselbeck. „Behinderung ist dabei sowohl ein Grund, als auch eine Konsequenz, von Armut. Hier ist der Gesetzgeber dringend gefordert Abhilfe zu schaffen.“ Die Linke fordert auch in den Werkstätten einen Mindestlohn.